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Namibia - Spots aus dem Kaokoveld

Wie sind im Kaokoveld (NW-Namibia) angekommen...


Diese Reise habe ich mit meiner Frau und unserem jüngsten Sohn gemacht, der damals gerade seinen Führerschein gemacht hatte und auch Gelegenheit erhalten sollte, im Off-road seine Erfahrungen zu sammeln.

Weil wir auf dieser Reise völlig auf uns gestellt waren und oft genug keine Menschen, die uns hätten technisch helfen können, im Umkreis von 300 Km zu finden waren, stand das Phänomen Sicherheit groß im Raum. Ein zunächst eigenartiger Gegenspieler des Veränderungsprinzips, von dem wir im Laufe der Reise aber lernten, daß gerade seine Forderungen uns erst eine tragfähige Sicherheit boten.

Die Vorbereitung und die Ausrüstung waren in Ordnung.

Nur, wie begegnet man ausfallenden Bremsen, ungeahnten Steilstrecken abwärts wie aufwärts in Sand oder scharfkantigem Felsgrund, wie einem Reifenschaden an der Skeleton-Küste (wie beruhigend!), bei dem sich die Reparaturkurbel im Niemandsland als die falsche erweist, wie verhält man sich, wenn durch Rüttelmarathon die gesamte Elektronik des Fahrzeuges ausfällt oder die Blattfedern hinten rechts brechen, die Karten sich aufgrund des unbestechlichen GPS als falsch erweisen oder wenn man nachts wegen einer plötzlich auftretenden Diarrhoe vom Zelt auf dem Autodach herunter in hyänenunsichere Nacht muß, nur mit schnell gegriffenem Spaten bewaffnet...

Das alles läßt sich meines Erachtens nur mit einem sich Einlassen auf das Veränderungsprinzip samt einem gläubigen Herzen bewältigen: Tu etwas und nimm es , wie es ist! (....alle Verzweiflungsanfälle miteingerechnet und eine gelassene Frau samt hilfreichem Sohnemann)




Ein Himba-Kral, wir haben die Sippe verpaßt...

Die für uns Europäer unvorstellbaren Alltagsbedingungen vermitteln ein gänzlich anderes Hinblicken auf das, was wir für notwendig halten. Die Vokabeln 'arm' oder 'mittellos' sind hier völlig unangebracht, sondern aufgrund des Fehlens von Dingen, die uns eher helfen oder uns dazu verführen, innere Defizite wie etwa Verlassenheit oder Leere zu verbergen, wird hier anderem, nämlich dem Leben als solchem primär Wert und Raum gegeben. Der Tatbestand, daß viele indigene Völker z.B. nicht ihr Alter kennen, schon gar nicht ein bestimmtes Datum, ist für uns fast nicht vorstellbar. Bei ihnen aber bemessen sich die Ausübungen bestimmter Lebensaufgaben nicht an Jahreszahlen, sondern an einer ihnen zu eigenen, ganz persönlichen Befähigung und Reife.

Unter diesem Aspekt stellen sich unsere Konzeptionen zivilisatorischer Errungenschaften durchaus in Frage.


...unterwegs: Baumruinen im Gespräch

Wie sinnfällig es ist, wenn in den Mythen und Märchen der Menschen die Dinge, natürlich auch die Tiere, ein Gesicht, eine Sprache, sogar Charakter haben, wurde uns bewußt, als wir dieser "Gesprächsgruppe" begegneten. Hinzu kam noch, daß sie unvermittelt ihre Gesichter, ihre Ausdrucksintensitäten und ihre ahnbaren Aussagen in der Tat zu verändern schienen, wenn wir aus anderem Blickwinkel auf sie schauten:....doch blieben sie die gleichen.

Innerhalb unserer alltäglichen Kommunikation begegnet uns dieses Phänomen recht oft, allerdings so, als ob wir aus obiger Erkenntnis nicht viel gelernt hätten: Wie oft gilt uns ein ansonsten respektierter Mensch nicht mehr viel, wenn er uns etwas Schroffes gesagt hat. Hat sich aber durch diese kurze Aussage das, was wir an ihm bisher respektiert, wir ihm an Respekt entgegengebracht haben, dadurch fundamental geändert?


Die Erlebnisanstrengungen zeichnen...

Aus der Psychologie wissen wir, daß nicht nur körperliche Belastungen anstrengend sind, sondern jegliches, was auf den Menschen einen Einfluß hat, ihn berührt, ihn beschäftigt, ihm begegnet, eine z.T. erhebliche Verarbeitungsenergie erfordert, die vergleichbar einem Muskelkater sich auch als ein solcher in der Seele des Menschen bemerkbar macht.

Sich solchen Dingen bewußt auszusetzen, kommt einem Trainingseffekt gleich, der jedem Sportler eine Selbstverständlichkeit ist. Natürlich gibt es bei dieser besonderen Art von Schmerzen eine große Bandbreite von Empfindungen.


Spuren im Sand sind nicht unbedingt ein Wegweiser

Auf unserer Reise sind wir häufig der Frage begegnet, sind wir noch auf dem richtigen Weg, auf der richtigen Spur? Vorgespurtes gibt einem das Gefühl von Sicherheit, von Richtigkeit. Wie trügerisch ein solches Annehmen ist, mußten wir einige Male erleben. Auch das falsche Deuten von Spuren und Zeichen gehört dazu.

Wenn man dann zum dritten Mal bei aufmerksamem Vortasten im Buschgelände die gleiche Stelle wiedererkennt, die man eine Stunde vorher schon einmal passiert hat, dann spätestens kommt einem der Gedanke, wie gefährlich es ist, einer vermeintlichen Spur nachzufolgen.

Auch das kennen wir eigentlich zur Genüge: Breite, ausgetretene, gar anerkannte, bejubelte Pfade, Straßen, Boulevards so wie Werbung, Propaganda oder Lehren und Ideologien haben schon oft geradewegs ins Verderben geführt...



Den Nomaden ist Fremdes nichts Neues

Jahrhunderte lang ist solchen Menschen nicht viel mehr als der Begriff 'Primitive' entgegengebracht worden. Heute beginnt sich - vielleicht ausgehend von ihrer Musik - ein neues Hinblicken auf ihre Kultur zu entwickeln, indem man ihre hochkomplexe Rhythmik, ihre feinen Tonnuancierungen, ihre erstaunenswerte und anrührende Aussagekraft mit wenigem allmählich zu begreifen scheint.

So auch war für uns neu zu entdecken, wie offen diese Menschen dem Phänomen Veränderung gegenüberstehen müssen, weil sie sonst nicht die notwendige Flexibilität entwickeln, die ihnen ein Überleben garantiert.

Bei unserer Begegnung mit ihnen, schienen wir mehr die Staunenden zu sein als sie!
Unvorhergesehen war vor allem, daß sie kaum Scheu vor der Nähe zu uns zeigten, wir waren für sie halt auch nur Menschen...wunderschön!


Hilfsbereitschaft, die Grundtugend dieser Menschen

Ein Mann tauchte auf in der ansonsten nur aus vielen Frauen und Kindern bestehenden Sippschaft: Wir fragten mit Händen und Füßen nach dem Weg. Alle beugten sich bemüht über unsere Karte, wobei sie dauernd einen Laut von sich gaben, der uns klang wie ständiges, verstehendes Bestätigen, wobei sie wohl mehr den großen Bogen Papier bewunderten, als daß sie gewußt hätten, was man darauf hätte zeigen können. Erst bei unserer Aussprache des auf der Karte verzeichneten Ortes (der sich später als ein rotes, leeres Ölfaß, das berühmte!, erwies), schien ihnen wie durch den Nebel des Verstehens eines Dialekts zu dämmern, was wir wollten.

Fünf-, sechsmal hat er uns den Weg mit wortreichen Erklärungen in seiner Sprache gegeben, so als ob es eine Selbstverständlichkeit sei, daß wir ihn verstehen.

Wir haben den Ort gefunden und dann erst seine Zeichen im Hinblick auf das, womit er ein Faß gestisch nachzeichnen wollte, entschlüsselt. So viel Bemühen, so viel Zugewandtheit und Freundlichkeit.


...es ist gut, mal auf dem Boden zu sein

Im Trockental des Marienflusses nach Überwindung des van Zyl's Passes:
Auf solchen Reisen ist es immer wieder eine besondere Erfahrung, wie unkompliziert sich grundlegende Bedürfnisse auf eine Art und Weise regulieren lassen, die die Zivilisation nur mit einem Großaufwand industriellen Einsatzes an Installationstechnik, Entsorgungssystemen, Reinigungsmitteln samt ganzen Heerscharen von lokalen Instandhaltungstrupps und der bürokratischen Abwicklung der Abkassierung von Zulieferer- und Benutzerkosten bewältigen kann.


Künstler finden sich überall...

...selbst abgestorben und tot noch schön. Dieses Vorbild der Laokoon-Gruppe in Kombination mit der LandsArt von Andy Goldsworthy ist als Erfindung also auch nur eine Findung dessen, was schon vorhanden war.

Es stimmt schon: Wir können nichts denken, was nicht schon in uns hineingedacht worden ist, wir können nichts erschaffen, was nicht schon geschaffen ist.


...wie hier wohl eine Kalimba klingt?

Ein Morgen mit klammen Temperaturen hinter dem 40 km breiten Riegel von Dünen zum Atlantik hin...

Der Talboden der Ausläufer des Kunene-Flusses war am Abend von einer Herde von Wüstenelefanten durchzogen worden.

Am nächsten Morgen probierten wir in diesen weiten Konzertsaal hinein die Klänge einer Kalimba aus (afrik. Daumenklavier, Metallzungen auf einem Hartholzblock in einer ehemal. Armeefischdose). Obwohl der Abstand bis zu den nächsten Hügelketten sicherlich einige Kilometer betrug, erschienen die Silhouetten der Himba, die die melancholischen Klänge gehört hatten... welch eine Akustik!


Scherben oder Skulpturen?

Die (Er)findung eines gebrannten Gefäßes kommt auch nicht von ungefähr: Hier ist das Vorbild. Unberührtheit, Trockenheit und unbarmherzige Temperaturen sind die Voraussetzungen. Auch hier: Das Endergebnis von Veränderung hat die neuen Formen kreiert.

Wasser - Leben - Webervogelnester

Wo Wasser, da Leben....

Und das in geradezu übermütigen Architekturen von Behausungen: Für diese Vögel gab es keine Vorbilder, sie wußten einfach, wie es geht, das Verflechten von Schilfhalmen zu einem dazu noch schwingenden Gebilde an graziler Aufhängungsstatik.Stabilität erprobt sich nur durch variable Instabilität.



(Fluß)-Schluchten mit Mahlsand

Der Ausgang des Hoanib-Flusses...

Wie in eine andere Welt zurückgeboren verlassen wir durch diese Engstelle das Kaokovelt und haben tatsächlich noch 40 Liter in Reservekanistern (die braucht's auch bis zur nächsten Buschtankstelle lt. Karte).

Während der ganzen Reise in diesem Gebiet war der Gedanke an die hoffentlich ausreichende Bevorratung an Treibstoff und Wasser nicht aus dem Kopf zu vertreiben.
Sorgen in diese Richtung sind einem Europäer nahezu fremd geworden. Wer weiß, wann sie wieder auftauchen. Zumindest gut, sie schon einmal im Kopf gehabt zu haben...



Diese Stille scheint nicht von dieser Welt...

Hörgeräte-Akustiker haben Hochkonjunktur... und der Höhepunkt des Booms wird erst in 30 Jahren erwartet. Der Lärm unserer Welt ist unüberhörbar: von den 110 db der Discos bis zum Kriegslärm (180 db, das entspricht einer Versiebenfachung) verkünden diese Meßzahlen nichts Gutes.

Nur in der Stille wächst Tiefe, Intensität und Wachheit........ wir haben es sehr genossen.